Sonntag, 21. Juli 2013

Eine unscheinbare Kapelle entpuppt sich als Genussplatz

Auberge de la Chapelle, Geispolsheim, Tel. 03.88.68.83.67
geöffnet von Donnerstag bis Sonntag, mittags und abends, und Montagmittag



 





Mit der richtigen GPS-Eingabe ist die Anfahrt ganz leicht: Geispolsheim-Village (nicht Gare), rue de la Chapelle, dann an der Sauerkrautfabrik vorbei ca. 1,5 km durch einen schönen Waldweg fahren. 

Ein paar Kilometer südlich von Strasbourg (ganz in der Nähe von Blaesheim, das wohl eher durch das Restaurant von Philippe Schadt bekannt ist), mitten im Wald, hat sich dieser Genussplatz versteckt - ein schmaler Weg, eine Kapelle, die Chapelle de Hattisheim, und diese Auberge, sonst nichts! Irgendwie unscheinbar... und da sollen wir wirklich rein? Nein, im Sommer bleiben wir draussen, da sitzt man schön im Garten oder im Chalet, aber im Winter darf man drinnen vor dem schönen Kamin sitzen. 

Schon die Karte liest sich vielversprechend. Eine bodenständige Küche ohne viel Chichi, ich hätte die Speisekarte rauf und runter bestellen können. Unter solchen Köstlichkeiten wie hausgemachten Fleichnecke, Tatar von Lachs und Thunfisch, Ziegenkäse-Törtchen mit Pesto aus Mandeln und Sonnenblumenkernen, Pissaladière von Tomaten aus alten Sorten, Oliven und Anchovis sowie handgeschnittenem Rindercarpaccio mit Ruccola, Fenchel und Parmesan fiel uns die Wahl schwer. Mich hat eine Vorspeise ganz besonders interessiert: Russische Eier. Ein Gericht, das in vielen Ausflugslokalen und Billig-Gaststätten besonders malträtiert auf den Tisch kommt, wird hier auf wundervolle Weise interpretiert:


Frische Gemüse (gelbe und orangefarbene Karotten, Zucchini, Frühlingszwiebel, grüne Bohnen) und frische Kräuter in einer Vinaigrette (hätte etwas weniger Öl sein dürfen und für meinen Geschmack hätte auch ein kräftigeres Olivenöl gepasst), die Mayonnaise hausgemacht, Anchovis und Kapern von ausgezeichnetem Geschmack, darunter verborgen die perfekt gekochten Eier. Ein Gericht, nein, ein Gedicht, zum Nachbasteln für zu Hause.

Für Monsieur als Entrée:


Hausgemachte Rillettes aus Sardinen, Rosmarin und Butter, mit gegrilltem Baguette, köstlich abgeschmeckt, durch die viele Butter (mit noch vorhandenen Butterstückchen) schon ziemlich heftig - wir haben uns gegenseitig geholfen und immer mal wieder die Teller getauscht bzw. vom Teller des anderen gepickt - das ist hier in dieser rustikalen Atmosphäre erlaubt, wir sind schliesslich in einem Genusstempel und nicht in einem Gourmettempel.

Auch unter den Hauptgerichten hatten wir die Qual der Wahl unter Crevetten à la Plancha auf Risotto, Matelotte von Zanderfilets auf einem Nudelbett mit Croûtons, Pluma vom Iberico-Schwein mit Paprikaschoten, hausgemachte Raviolis gefüllt mit Rindsragout und... auch die Liebhaber von Innereien kommen nicht zu kurz: Kutteln und Kalbsnierchen.

Für uns gab es:



Bouchées à la Reine - Blätterteigpastetchen (mit hausgemachter Croûte), das Ragout bestehend aus Kalbsschulter und Bauernhuhn

und


Entrecôte mit Kräuter-Knoblauchbutter, richtig schön knusprigen, dicken Pommes frites und Tagesgemüse, perfekt bissfest zubereitet.

Getrunken haben wir dazu einen Vin Naturel von der Domaine Rieffel in Mittelbergheim, einen im Barrique ausgebauten Pinot Noir, der dekantiert getrunken werden sollte. Gerhard war er nicht kühl genug. Die Glaskaraffe passte auch nicht in einen eilig herbei gebrachten Kühler. So wurde kurzerhand der Inhalt der Karaffe wieder in die Flasche zurück gegeben und diese in den Kühler gestellt. Jetzt hat der Wein genügend Luft bekommen ;-)



Als Dessert wurde Monsieur verwöhnt mit einem Aprikosen-Crumble mit Mandeln und einem kleinen hausgemachten Eis


Madame wollte sich verwöhnen lassen mit Espresso und einem Digestif - einzig der Mirabelle kam nicht so gut an, ich sollte es beim nächsten Mal vielleicht mit einem Kirsch versuchen.

Wir haben uns sehr wohlgefühlt. Die Atmosphäre stimmte, das Essen war köstlich, das Preisleistungsverhältnis absolut perfekt und die junge Dame im Service, die alleine den ganzen Besucheransturm im Garten bewältigte, war sehr freundlich und von einer bewundernswerten Effizienz.

Da muss ich wieder hin! 


4 Kommentare:

  1. Das ist ein wirklich sehr schöner Tipp, - danke!

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    1. Sehr gerne, liebe Nata! Ich habe mich selbst so über diese Neuentdeckung gefreut, dass es mir ständig im Kopf rumspuckt und ich da bald wieder hin muss ;-)

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  2. auch in Gourmettempeln muss Tellertauschen erlaubt sein, sonst gehe ich nicht mehr hin.

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    1. Genau das! Das ist auch meine Meinung, lieber Robert! Wobei ich diese Tellertausch-Verbot-Stories nur aus dem Erzählen kenne, ich selbst habe es glücklicherweise noch nirgendwo erlebt (und halte es auch für so unglaublich, dass ich es mir kaum vorstellen kann).
      Bei der Auberge de la Chapelle handelt es sich glücklicherweise um ein sehr bodenständiges Lokal, da wären solche Verbote ohnehin völlig absurd.

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